Schnuckenmoment

Zwischen Heide und Moor

und am Ende erfülltest Du mir einen Wunsch

Vor mir liegen die Geschenke und Du siehst mich an.
Erwartungsvoll, wie ein Hund, der den Stock zurück gebracht hat und nun auf Lob wartet.
Ich möchte Dir auf den Kopf tätscheln, Dir sagen, wie fein Du das gemacht hast. Möchte… denn noch ahne ich nicht, was sich darin befindet, unter dem Papier. Doch bereits während ich nur die Verpackung ansehe, stellt es sich ein, das Unwohlsein, Übelkeit und Resignation. Allein die Form verspricht schon, was es nicht ist.
Mein Wunsch.
Ich hatte mir etwas gewünscht… wie jedes Mal.
Wieder sehe ich Dich an, sehe die Vorfreude auf meine Freude und lächle. Ich lächle für Dich, auch wenn mir nicht zum Lächeln ist. Dunkle Vorahnungen beschleichen mich, reißen mich innerlich auf, treten in alte Wunden, hauen in alte Kerben und ich weiß bereits jetzt – das dort ist genau das, was ich nie wollte. Das hier ist genau das, was ich nie wollte. Und doch lächele ich, weil Du es Dir wünschst. Und doch bin ich hier, weil Du es Dir doch wünschst.

Es knistert, die Verpackung reißt und Deine persönliche Spannung wächst, während meine Vorfreude immer weiter sinkt. Kein Wunsch… keine Träume… Sie alle sind verloren, verschwunden in der Vergangenheit, untergangenen unter dem Sog Deines ‚Ich‘
Du!
Dann halte ich es in den Händen.
Dein Geschenk für mich und lächele, ringe mir ein „Das ist aber schön“ ab, während ich heulen möchte, schreien, wimmern, flehen. Ich möchte verstehen mit welcher Ignoranz Du an diese Sache rangegangen bist, versuche zu sehen, wen Du gesehen hast, als Du es eingepackt hast, wen Du gesehen hast, als Du es mir überreicht hast, wen Du gesehen hast, als ich sagte… bitte nicht.
Du freust Dich. Du freust Dich für uns Beide zusammen so sehr.
Deine Freude überwiegt die meine so sehr, dass Dir in Sturm Deiner eigenen Begeisterung gar nicht auffällt, dass meine Freude unterwegs verschollen ging.
Später wirst Du allen erzählen, wie sehr ich mich gefreut habe, wie Happy ich doch bin, wie glücklich Du mich doch gemacht hast.
Du umarmst mich, küsst mich, strahlst mich an.
Ich schmecke Deine Lippen auf meinen, schmecke Dich. – Du machst mich glücklich, Baby… wann aber zum letzten Mal?
Wir haben verlernt uns zu küssen… haben verlernt Schauer auf die Haut zu bringen, Seufzer über die Lippen, Kribbeln in den Bauch.
Wir? Oder nur Du?
Du machst mich glücklich, Baby… aber ich fühle es nicht.
Mein Blick hängt auf dem Geschenk, während Du mich zurückdrängst, Deine Belohnung möchtest. Ich lasse mich drängen, schließe die Augen für einen Sekundenbruchteil, ehe ich mich löse. Du nimmst es hin. In Deinen Augen genauso viel Resignation wie in meinen. Enttäuschung? – Ja, vielleicht auch, aber wir haben gelernt damit umzugehen…
„Wie bist Du darauf nur gekommen…“ Ich hauche die Frage, die mir auf der Seele, im Herzen brennt und versuche meiner Enttäuschung Herr zu werden. Doch Du siehst es nicht. Berichtest mir, dass ich das doch mal toll gefunden hatte und bist so stolz. So stolz, dass Du Dir etwas von mir gemerkt hast. Weil ich es Dir doch immer wieder vorwerfe. Dass Du Dir nichts merkst, mich nicht kennst.
Ich lächle, küsse Dich auf die rasierte Wange. „Danke…“ – Aber das war vor zwei Jahren…
Nein, das sage ich nicht, das schlucke ich runter, schweige, lächle einfach nur und nickte artig.

Ich sehe meine unerfüllten Wünsche, Bedürfnisse, Träume. Feinsäuberlich weggesperrt, hinter Gittern und vor den Gittern noch eine Stahltür, damit nichts davon nach außen dringt, nichts davon laut werden kann.
Ich sehe das, was Du mir zum Geschenk gemacht hast. Immer wieder mit den Worten ‚Das hast Du dir doch gewünscht…‘, ‚Das hast Du doch so gewollt…‘ oder ‚Wir hatten das doch zusammen so gesehen‘
Zusammen… ich. Du.
Du!
Du hast es so gesehen, Du hast es so gewollt… DU hast Dir gewünscht, dass ich es so sehe, so wünsche, so will…
Ich! – Wer bin ich am Ende? Das, was Du willst?
Ich bin eine Verzierung an Deinem Leben, ein Fleckchen, von dem Du glaubst, er wäre wichtig. Wichtig?
Wofür?
Ich schließe die Augen, würge innerlich… Ich und Du… Du und ich… Es überwiegt für mich das Du… das Ich hat sich verkrochen, kämpft immer wieder nach oben und wird zurückgedrängt. Mal wieder…

Du hast Essen vorbereitet.
Bist dabei umsorgend, wohltuend… fängst meine Enttäuschung auf, ohne es zu merken, hebst meine Stimmung, ohne es zu wollen. Bis die Ernüchterung kommt und mich niederschlägt, mich nahe zu umbringt.
Es ist mein Tag, sagst Du… ich müsse mich um nichts kümmern. Du hast Dich um alles gesorgt.
Doch der Blick, der über den Tisch gleitet, sagt mir… Meine Wünsche und Bedürfnisse zählen nicht in Deiner Welt.
Ich Egoistin, wie kann ich nur! Leise weise ich darauf hin, dass ich nicht essen kann, während Du schon schaufelst, während Du schmatzt und genießt und mich dabei anstrahlst. Aus dem Strahlen wird Enttäuschung, gefolgt von Beleidigt sein.
Es wäre doch genug da, sagst Du, es ist alles da… was will ich denn noch? – Essen, das mich nicht umbringt…
Ich schäme mich, schäme mich vor mir selber und sehe Dir weiter zu, wie Du isst, schaufelst. Und schließe auch das fort… weg.
Du… es gibt nur Dich in dieser Welt.
Du beherrschst alles, Du gibst den Ton an, Du bist die Oberherrschaft von uns. Deine Wünsche, Deine Träume, Deine Persönlichkeit.
Ich beuge mich vor Dir, während meine Träume, meine Wünsche bei jeder Beugung, bei jedem Verbiegen meiner Selbst zerplatzen. – Peng! Peng! Peng!
Vorbei!

Ich habe aufgegeben… kämpfe nicht mehr und Du bist glücklich, zufrieden. Du denkst sogar, die Welt zwischen uns wäre perfekt. Sie war es…. Bis Du aufgehört hast, mich zu sehen. Wer bin ich?
Ich stelle die Frage in die Raum und jede Antwort beginnt mit „Mein“
Ja, ich bin Dein… dein, dein, dein… aber nicht mehr ich!
Du hast mich verraten, hast mich verkauft, hast mir alles zerstört.
Mein ‚Ich‘ begehrt auf, schreit auf, tritt vor und dann…

… dann erfüllst Du mir meinen letzten Wunsch.
Die Tür fällt zu.
Du gehst, bist fort.
Ich weine.
Nicht vor Schmerz, vor Kummer.
Vor Erleichterung.
Du bist fort… am Ende hast Du mir wirklich einen Wunsch erfüllt, der mir auf Seele und Herz brannte, der mir Bedürfnis und Traum war…
Am Ende… hast Du in ‚Wir‘ gedacht und nicht nur an Dich

Danke.

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